Kennen Sie das?
Sie sprechen ein Anliegen an – ruhig, sachlich, vielleicht sogar mit etwas Mut – aber Ihr Gegenüber reagiert nicht auf das Gesagte. Stattdessen hören Sie sofort:
„Ja, aber was ist mit …?“ oder „Aber Sie haben doch auch …!“
Solche Reaktionen sind kein Zufall. Sie folgen einem bestimmten Muster, das in der Kommunikation leider sehr verbreitet ist: Whataboutism – auch bekannt als Gegenvorwurf oder Schuldumkehr.
🔄 Was ist „Whataboutism“? Eine typische Ablenkungsstrategie erklärt
Der Begriff „Whataboutism“ (aus dem Englischen: what about…?) beschreibt eine rhetorische Ablenkung. Anstatt auf Kritik oder ein Anliegen einzugehen, wird das Thema umgelenkt – meistens durch den Verweis auf ein vergleichbares (vermeintliches) Fehlverhalten der anderen Person.
Kurz gesagt:
Statt Verantwortung zu übernehmen, wird zurückgeschossen.
Ein paar typische Alltagsbeispiele:
- 1️⃣ Person A: „Sie haben gestern sehr kurzfristig abgesagt – das war ziemlich ungünstig.“
Person B: „Ja, aber letzte Woche haben Sie doch auch nicht rechtzeitig Bescheid gesagt!“ - 2️⃣ Person A: „Mir ist aufgefallen, dass Sie oft Ihre Sachen liegen lassen.“
Person B: „Aber ganz ehrlich – Sie verlieren selbst ständig den Überblick über Ihre Sachen!“ - 3️⃣ Person A: „Ich würde es schätzen, wenn Sie bei unseren Treffen pünktlich wären.“
Person B: „Aber Sie waren doch auch schon öfter zu spät!“ - 4️⃣ Person A: „Ich habe das Gefühl, dass Sie mir manchmal nicht richtig zuhören.“
Person B: „Aber Sie sind doch auch oft mit anderen Dingen beschäftigt und haben keine Zeit für mich!“
In all diesen Beispielen geschieht dasselbe: Die eigentliche Botschaft wird abgewehrt – und zwar durch einen Vergleich, der die Kritik relativieren soll.
❗Warum ist das problematisch?
Solche Gegenvorwürfe verhindern echte Kommunikation.
Diese Form von Schuldumkehr lenkt vom Thema ab, statt Verantwortung zu übernehmen. Gespräche drehen sich im Kreis, statt in die Tiefe zu gehen. Und das führt häufig zu Frust – auf beiden Seiten.
Denn am Ende bleiben wichtige Themen ungelöst und das Gefühl, nicht gehört oder ernst genommen zu werden, wächst.
🧭 Wie können Sie mit Whataboutism umgehen?
Wenn Ihr Gegenüber mit einem „Was ist mit…?“ reagiert, ist das zwar verständlich – aber diese Ablenkungsstrategie ist selten zielführend. Zum Glück gibt es Wege, um die Kommunikation wieder in ruhigere, konstruktivere Bahnen zu lenken.
Hier ein paar Strategien, die helfen können:
Ruhig bleiben und das Gespräch zurück zum Thema führen:
„Ich verstehe, dass Sie auch Punkte ansprechen möchten. Im Moment geht es mir aber darum, mit Ihnen über diese eine Sache zu sprechen.“
Verständnis zeigen – aber Grenzen setzen
„Ihr Einwand ist nachvollziehbar. Trotzdem wäre es mir wichtig, dass wir erst klären, was ich gerade angesprochen habe.“
Deutlich machen, dass Vergleiche selten helfen:
„Ich glaube, gegenseitige Vorwürfe bringen uns nicht weiter. Lassen Sie uns lieber gemeinsam nach einer Lösung schauen.“
🤝 Warum sich das lohnt
Kommunikation ist das Fundament jeder zwischenmenschlichen Beziehung – ob privat oder beruflich.
Gespräche, in denen beide Seiten gehört werden und Verantwortung übernehmen, schaffen Vertrauen. Sie fördern Nähe, Verständnis und Entwicklung.
Und vor allem: Sie machen Beziehungen langfristig gesünder und glücklicher. 🍀
Also beim nächsten „Ja, aber du…“:
Tief durchatmen, beim Thema bleiben und den Raum für ehrliche Kommunikation offenhalten.
Es lohnt sich.
Für Sie. Für Ihr Gegenüber. Für jede Art von Beziehung. 🗣️💬
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